Flucht und Asyl
Wir haben nachgefragt!

Wir haben mit Unterstützung eines Studierenden der Universität Kassel unsere Seminarteilnehmer(innen) befragt, wie sie zum Engagement der IG Metall für Flüchtlinge stehen, welche Haltungen, Hoffnung und Sorgen sie dazu bewegen und ob bzw. wie sie das Thema in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit bearbeiten wollen.
Der Themenkomplex Flucht-Asyl-Migration-Integration bestimmt seit Monaten die politischen Debatten in Deutschland wesentlich mit. Einerseits beindrucken die Bilder großer Hilfsbereitschaft, Anderseits erschüttern uns die wiederholten Angriffe auf Migranten. Insbesondere die Wahlerfolge rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien beunruhigen sehr. Auf dem Elend flüchtender Menschen bauen diese ihre Erfolge aus.
Die Gewerkschaften hier in mehrerlei Hinsicht gefordert: Das Erstarken der extremen Rechten ist eine akute Gefahr für Arbeitnehmerrechte. In deren Wertvorstellungen haben unsere Kernanliegen wie Selbstbestimmung, Freiheit, Demokratie, Solidarität, Toleranz etc. keinen Platz.
Darüber hinaus ist es unsere Aufgabe als Gewerkschaften Geflüchtete und Migranten bei einem qualifizierten Weg in die Betriebe zu unterstützen. Arbeitgeber und deren Verbände versuchen Standards wie den Mindestlohn oder Qualifizierung im Zusammenhang mit der Integration von Migranten auszuhebeln. Hier müssen wir sowohl Geflüchtete als auch die Belegschaften vor Instrumentalisierung und Missbrauch schützen.
Wesentliche Faktoren gesellschaftlicher Teilhabe und Integration sind Bildung und Arbeit.
Wir wissen aus verschiedenen Untersuchungen, dass auch Mitglieder von Gewerkschaften anfällig sind für rechte Stimmungsmache. Gerade etablierte Arbeitnehmer(innen) haben viel zu verlieren. Die Verunsicherungen und Ängste angesichts der aktuellen Fluchtbewegungen machen sich auch bei Metallerinnen und Metallern bemerkbar. Darum ist es unsere Aufgabe, diese Themen mit unseren Mitgliedern zu diskutieren – auch und insbesondere in unseren Seminarangeboten.
Mit einer Befragung wollten wir mehr Klarheit über die Haltungen unserer Teilnehmenden gewinnen, um bewusster und besser vorbereitet in die Diskussion gehen zu können. Insgesamt haben im Frühjahr 52 Personen aus 6 sehr unterschiedlichen Seminaren an der Befragung teilgenommen
Die Ergebnisse machen Mut das Thema offensiv anzusprechen – aber sie zeigen auch, wo unsere Seminarteilnehmer Vorbehalte haben. Wir haben die Antworten in vier Kategorien eingeteilt:
Mit 33% zeigt sich ein Drittel der Teilnehmer(innen) sehr offen gegenüber Geflüchteten und sind persönlich motiviert bei der Integration zu helfen. Sie unterstützen das Engagement der IG Metall, sehen Möglichkeiten zur betrieblichen Integration von Geflüchteten und wollen das Thema in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit sehen. Diese Gruppe zeigt sich insbesondere besorgt angesichts der „Gefahr von Rechts" und möglichen Reaktionen der etablierten Politik.
Gut 37% sind zuversichtlich, dass die Situation bewältigt werden kann. Sie sind offen gegenüber Geflüchteten. Sie sehen keine ernsten Probleme, dass Politik und Gesellschaft die Aufgaben bewältigen können. Sie tragen das Engagement der IG Metall mit, allerdings teilweise verhalten, sie sehen weniger betriebliche Ansatzpunkte und wollen das Thema in Seminaren eher nicht hören.
Kleiner, aber mit 23% durchaus relevant ist die Gruppe der „Verunsicherten". Diese äußern sich allgemein eher beunruhigt und weniger offen. Ihre Sorgen beruhen teilweise auf Misstrauen gegenüber Geflüchteten, teilweise aber auch auf Misstrauen gegenüber dem Staat. Sie empfinden den Zuzug als unkontrolliert, zu viel und bedrohlich. Sie akzeptieren überwiegend das Engagement der IG Metall, wollen das Thema aber nicht in Seminaren diskutieren und sehen fast keine betrieblichen Spielräume.
Erfreulich klein, aber mit 8% dennoch deutlich wahrnehmbar ist die Gruppe derer, die sich doch sehr ablehnend gegenüber Geflüchteten äußern. Sie sehen diese gegenüber Einheimischen bevorzugt und äußern sich besorgt vor „Überfremdung". Die IG Metall soll sich bei dem Thema „raushalten". Der politische Rechtsruck wird als logische Konsequenz wahrgenommen. In Seminaren soll das Thema nicht bearbeitet werden.
Was machen wir nun mit diesen Ergebnissen? Auch wenn die Befragung nicht repräsentativ ist, so liegt die Verteilung wahrscheinlich nicht weit von der Realität entfernt. Das Ergebnis kann uns helfen besser auf fremdenfeindliche Agitatoren vorbereitet zu sein, es erinnert uns aber auch daran, dass es eine große Zahl Kolleginnen und Kollegen gibt, die Information und Anregung aus der IG Metall wollen und dass wir insbesondere die Verunsicherten nicht „Den Rechten" überlassen dürfen!