Interview
Bildung in Beverungen – weiterhin geprüfte Qualität nach LQW-Standard bis 2025

Wir freuen uns, dass unser Bildungszentrum –
trotz aller Einschränkungen und Belastungen durch die Pandemie – den Prozess der Retestierung nach LQW-Standard im August wieder einmal erfolgreich bestanden hat. Neue Entwicklungsziele sind verabredet.
Das sogenannte LQW-Zertifikat steht für eine nach höchsten Maßstäben geprüfte und zertifizierte Qualität in der Erwachsenenbildung. Unter Beweis steht dabei unser Selbstverständnis – auch als lernende Organisation.
Das LQW-Siegel wurde uns erneut – und gültig bis August 2025 – erteilt:
- Ein Plus für unsere politische Weiterbildung in und mit der IG Metall
- ein Gütesiegel, auf das die Teilnehmenden unserer Seminare ihr Vertrauen setzen können
- Rückenwind und Auszeichnung für die Arbeit unseres engagierten Teams
Ein guter Anlass für ein Gespräch mit Ferdije Rrecaj, Leiterin des Bildungszentrums , die für und mit unserem Bildungsteam, die dazu nötigen kontinuierlichen Prozesse in Beverungen steuert und erläutert, worum es bei dem LQW-Zertifikat eigentlich geht.
Hallo Ferdije warum braucht es ein Zertifikat für unsere Bildungsarbeit?
Nun, es ging und geht uns dabei nicht um ein schickes Siegel, reines Marketing oder die selbstverliebte Dokumentation und den Rapport unserer Arbeit. Politische Erwachsenenbildung, ist eng mit den Gesetzen zur Bildungsfreistellung verbunden. Die Regelungen sind in den Ländern unterschiedlich, gemein ist ihnen aber, das Bildungseinrichtungen der Erwachsenenbildung einen entsprechenden zertifizierten Gütenachweis vorlegen, um als solche anerkannt zu werden. Diese formelle Auflage nutzen wir als eine Chance. Denn natürlich gibt es entsprechend dieser Auflage eine ganze Reihe berechtigter Anbieter; doch deren Qualitäten – und damit die Güte einer Zertifizierung – sind höchst unterschiedlich zu bewerten.
Was war die Chance? Und warum habt Ihr Euch für das LQW-Zertifikat entschieden?
Die Bildungszentren der IG Metall sind seit 2009 nach LQW zertifiziert. Die Retestierung erfolgt alle vier Jahre. Nach ausgiebiger Recherche und positiv bilanzierten Erfahrungen in anderen Bildungseinrichtungen war dies eine ganz
bewusste Entscheidung – neben den Bildungszentren sind auch andere Arbeitsbereiche der IG Metall dieser Entscheidung später gefolgt. LQW ist das Kürzel für Lernerorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung.
Der Vorteil: Dahinter steckt ein klar definierter Qualitätsbegriff zu den Bedingungen für ein gelungenes Lernen. Und: ein Bildungsbegriff, der unserem eigenen Selbstverständnis als gewerkschaftliche Bildungsarbeiter*innen, insgesamt am nächsten kommt. Zudem für unsere Entscheidung ganz wichtig: Wir wollten mehr als nur „die Norm“. LQW setzt auf Kontinuität und bietet damit die Chance einer systematischen Organisationsentwicklung nach vorne.
Was meint denn bitte „gelungenes Lernen“ in der IG Metall konkret?
Nun: Unsere Bildungsarbeit ist die Einladung dazu: Neues auszuprobieren, Lust auf Selbstbestimmung zu machen, den Willen zu aktiver Mitbestimmung zu fördern, Eigenverantwortung und Menschlichkeit zu beweisen. Gemäß unserem eigenen Lernbegriff ist Lernen dann gelungen, wenn die Teilnehmenden ihre persönlichen Lern- und Handlungsfähigkeiten erweitern und Bereitschaft von Verantwortung in allen Entwicklungs- und Vermittlungsprozessen übernehmen.
Dazu gehört, ich zitiere hier gerne unser Leitbild, »ein von Wertschätzung geprägter Lernprozess und eine angenehme Lernumgebung. Lernen ist dann gelungen, wenn sich die individuelle Einsicht der Teilnehmenden in die Vorteile erweiterter Handlungsfähigkeit durch kooperatives, gewerkschaftliches Handeln in einem kompetenteren und mutigeren Auftreten in Betrieb und Gesellschaft äußert.«
Es geht uns darum, gewerkschaftliche Grundwerte glaubwürdig und praktisches Know-how handlungsorientiert in einem gemeinsamen Lehr-Lern-Prozess zu erarbeiten. Allerdings ohne persönliche Bevormundung und ideologische Scheuklappen – das ist der Anspruch einer demokratischen und emanzipatorischen Bildungsarbeit. Es gilt: diesen Lehr-Lern-Prozess in Respekt vor dem Wissen des/der Einzelnen und den oft ganz verschiedenen Erfahrungswelten unserer Teilnehmenden, und die Ermunterung zu mehr Selbstbewusstsein, Offenheit und Dialogfähigkeit.
Das ist anspruchsvolle Arbeit im Team – und die muss regelmäßig nachjustiert werden!
Genau! Dabei zählt nicht nur ein relevanter Themenkanon, die Vielfalt der Methodenwahl, eine facettenreiche Didaktik, die überzeugende Persönlichkeit oder Erfahrung unserer Referent*innen. Die Qualität des Lernens und Lehrens lebt in der IG Metall mindestens genauso von der Lerninfrastruktur, gelebten Werten sowie der Glaubwürdigkeit der Organisation. Und: einem zeitgemäßen Lernumfeld in unseren Bildungszentren.
Gemeint ist hier die IG Metall als Ganzes. Gemeint ist aber auch die ganz konkrete Organisation des Bildungszentrums selbst: also reibungslose Abläufe, ein kollegiales Miteinander im ganzen Haus, eine gesunde und schmackhafte Küche, ein freundlicher Service, die Schlaf- und Freizeitqualität, optimale Technik und mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Atmosphäre und Ambiente bestimmen den »Erfolg des Lernens« ganz maßgeblich mit. Daran aktiv und erfolgreich mitzuwirken, ist Aufgabe unseres gesamten Teams.
Und darauf gilt es in der Bildungsarbeit alle Maßnahmen auszurichten?
Ja, alle Qualitätsbereiche und Aufgaben – von der Führung bis zum Controlling, von der ansprechenden Einladung, über den freundlichen Empfang und den Aufenthalt, bis hin zur Abrechnung und Dokumentation – sollten mit unserem Lernbegriff vertraut und verbunden sein.
Dafür gilt es, alle Teammitglieder zu gewinnen, sie mitzunehmen und immer neu einzubinden, auch um nötigen Wandel voranzutreiben. Ohne klare Ausrichtung und die Reflexion individueller Arbeitsaufgaben, beides in Relation zu unserem anspruchsvollen Lernbegriff, ist das nicht machbar.
Hier verhilft der LQW-Prozess zu kollektiver Klugheit, manche nennen es Schwarmintelligenz. Sprich: Organisationsentwicklung nach vorne und ein gemeinsames Selbstverständnis – als Team und im Austausch mit unseren Teilnehmenden.
Was meint `Organisationsentwicklung nach vorne´ denn genau?
LQW ist kein fix erteiltes Siegel sondern ein gemeinsamer und kontinuierlicher Arbeitsprozess, um sich als Team auszurichten, gut zu sein und trotzdem stetig besser zu werden, auf Neues in der Welt und sich verändernden Bedarf der Teilnehmenden sowie der IG Metall zu reagieren. Es gilt nötige Veränderungen wahrzunehmen und
umzusetzen.
Dazu bedarf es in einem Team der offenen Diskussionsbreitschaft und gemeinsam getragener Entwicklungsziele. Die gilt es, im Alltag wendig und schnell, manchmal aber auch stetig und über Jahre, recht planvoll zu verfolgen. Wertvoll und dabei unverzichtbar: Arbeitsstrukturen mit Zeit für Reflexion, Evaluation und klare Prüf-Kriterien sowie „der andere Blick“ von außen – bei uns gewährleistet auch durch die externe Moderation der LQW-Betreuer*ìnnen. Das ist aufwendig und bei unserem Seminar-Pensum sowie unserer Personalstärke auch nicht immer einfach, aber lohnend.
Wurden die gemeinsam gesetzten Ziele immer erreicht?
Zumindest wurde es zusehends leichter, die Arbeit darauf konsequent auszurichten. Viele der heute akzeptierten und geschätzten Neuerungen wären ohne LQW in unserer Bildungsarbeit allgemein und auch hier in Beverungen nicht denkbar und durchsetzbar gewesen!
Erfreulich aus meiner Sicht: der für jede erfolgreiche Retestierung vorzulegende Selbst-Report zur Arbeit der letzten vier Jahre und die zwingende Verständigung auf konkrete Entwicklungsziele.
Dies zwingt uns zum Blick zurück und nach vorne. Unsere Gäste in den Bildungszentren erlebten in den letzten Jahren dabei eine spürbare Verbesserung in der Qualität der Infrastruktur und des inhaltlichen Seminarangebots.
Was sind Deine Perspektive bis 2025?
Beverungen ist für neue Herausforderungen an die IG Metall und die gewerkschaftliche Arbeit unserer Teilnehmenden motiviert aufgestellt. Wir sind ein kleines, aber feines Team und wollen unser Bildungszentrum auf der Elisenhöhe als naturnahen Ort für Lernen und gute Begegnung in der IG Metall, auch mit Blick auf Unterbringung, Lernort, Verpflegung und Freizeitangebote verbessern.
Klar im Fokus liegen auch diesmal wieder drei klare inhaltliche Entwicklungsziele, die wir uns im LQW-Abschlussworkshop gemeinsam gesetzt haben:
1. Den Generationswechsel im Haus erfolgreich gestalten - denn das will gut gemanagt sein.
2. Wir wollen unser Kompetenzprofil als Bildungszentrum weiterentwickeln – d.h.
Angebote mit Branchen, Teilbranchen sowie bestimmten Zielgruppen entwickeln und
diese verstetigen.
3. Unsere Kooperationspartner/ Referent*innen sollen besser in unser Selbstverständnis eingebunden sein.
Auf dann, also. Und: Frohes Schaffen!
Wer mehr über unsere neuen LQW-Entwicklungsziele 2025 wissen will oder sich mit
eigenen guten Ideen und Verbesserungsvorschlägen einbringen möchte, kann sich dazu gerne an mich wenden.
Anregungen sind bei uns immer willkommen.