BILDUNG IN BEVERUNGEN
WILLKOMMEN IM WESERBERGLAND

Lebendiges Action-Learning

Begeisterung pur beim Union Summer 2023 in Beverungen

Vorschau

Union Summer - diesmal in Beverungen: Vom 21. bis 23. Juni 2023 lud der FB Gewerkschaftliche Bildung und das Bildungszentrum zu einem neuen lebendigen "Action-Learning"-Format ein. Was soll das sein, fragen sicher manche.

  • Nun: Insgesamt 36 Kolleginnen und Kollegen probierten es aus - und sie waren begeistert.

Dabei klang die Sache in der Einladung noch recht abstrakt: "Im Fokus unseres Union Summers steht die Verknüpfung von Theorie und Praxis... Angekoppelt an reale betriebliche Kampagnen und Konflikte möchten wir vor Ort gemeinsam aktiv werden, die IG Metall-Präsenz in den Betrieben stärken und dort gleichzeitig die Mitgliedergewinnung voranbringen."

Auch "Kämpfen will gelernt sein!"

Die IG Metall vom Betrieb aus denken!" und dabei offenherzig auf die Menschen zugehen: Gut gesagt, doch in krisengeschüttelten Zeiten nicht immer leicht:

  • Wie lassen sich auch schwere betriebliche Konflikte motivierend angehen? Wie kommen wir als Metaller*innen ins Gespräch mit der Belegschaft, auch auf der sogenannten "Teppichetage" (die Angestellten)? Wie lässt sich selbstbewusst Kraft demonstrieren, ohne überflüssige Kraftmeierei? Was ist nachhaltiges gewerkschaftliches Organizing? Nur einige der Fragen, mit denen sich der diesjährige Union-Summer befasste.

Konkret im Blick standen beim Union-Summer gleich fünf ausgewählte Betriebe in Nordhessen, Ostwestfalen und Niedersachsen, denen man zusammen einen Besuch als IG Metall abstatten wollte:

▪ Fahrzeugwerke Spier in Steinheim
▪ Siebenhaar Antriebstechnik GmbH in Hofgeismar
▪ Kayser Automotive Systems in Einbeck
▪ Piller am Standort Moringen
▪ Viscom in Hannover

Unter den Aktiven waren natürlich Betriebsräte, Vertrauensleute und Kolleginnen aus den einzelnen Betrieben, die "ihr Aktion-Team" über die jeweilige Sachlage und gesteckten Ziele informieren konnten. Ungewohnt war jedoch die Idee, die betrieblichen Aktionen nicht nur gemeinsam mit Leuten aus der IGM-Geschäftsstelle und den jeweiligen Betriebsbetreuern, sondern auch zusammen mit den völlig orts- und betriebsfremden Seminarteilnehmenden von "Union-Summer" (Metaller*innen aus Bayern, dem Ruhrgebiet oder dem hohen Norden) durchzuführen.

"Der Wurm muss vor allem dem Fisch schmecken, nicht dem Angler."

Unter diesem Motto lernten wir uns als Aktionsteams kennen und "übten" eine lockere Gesprächsführung, die bei den Befindlichkeiten des Gegenübers ansetzt.

  • Ziele: positive Präsenz als IG Metall zeigen, individuell und von "Mensch zu Mensch" ins Gespräch kommen, ein sicheres und sympathisches persönliches Auftreten.

  • Die Aktionsform: Gemeinsame Betriebsrundgänge zu zweit oder dritt zwecks Einladung der Belegschaften zu einer "aktive Mittagspause" der IG Metall.

  • Die Intension: Dialog suchen, Begegnungen auf Augenhöhe, der IG Metall ein Gesicht geben.

Kann das funktionieren? Mit "Wildfremden" den Kontakt herstellen (ganz ohne, selbst das Revier zu kennen)? Der unbekannten Kollegin oder gar dem Betriebsleiter die Hand schütteln? Bei Angestellten als Fremde/r ins "Büro zu spazieren", um zu einem sommerlichen Eis mit der IG Metall einzuladen?

Dazu ein Teilnehmer: "Der Vorbereitungstag und mein eigenes Kopfkino am Vorabend haben mich ehrlich gesagt mehr gestresst, als schließlich die tatsächliche Aktion selbst. Ich habe mir einfach nicht vorstellen könne, wie reibungslos das abgeht. Und: wieviel Freude das sogar gebracht hat."

Angesetzt waren die betrieblichen Aktionen schon für den zweiten Seminartag. Gut das Norman Ruch, Künstler und Coach für Körpersprache noch ein paar wertvolle Tipps gab (Wie bleibt man offenherzig, zugewandt und authentisch) und beim Abendprogramm mit ein paar tollen Aktionen für Teamgeist, Selbstvertrauen und Entspannung sorgte.

"Tarifvertrag ohne Mitgliedschaft? Das ist, wie Eis ohne Sommer!"

Morgens um 9:00 Uhr sammelten sich fünf Gruppen zur Abfahrt. Der heftige Starkregen in Nord-Hessen verschonte unsere Aktionsplanung. Zum Glück, denn an einigen Standorten wartete - teils outdoor - der sommerliche Eiswagen der IG Metall.

Das Wetter hielt! Und wie sich zeigte, fanden das Eis und unser Elan durchaus regen Andrang. In den langen Schlangen ließen sich angeregte Gespräche über die Vorteile betrieblicher Tarifbindung, aktiver Mitbestimmung und die Mitgliedschaft in der IG Metall prima vertiefen.

Zurück kamen am Nachmittag jedenfalls durchweg aufgeräumte Kolleg*innen in bester Laune. Fast war man selbst ein wenig verwundert über den guten Verlauf und das tolle Feedback:

▪ Bei Spier lud man zur Präsentation der Ergebnisse einer Betriebsbefragung sowie das Tarif-Info Schlosserhandwerk ein. Gewinnen wollte man explizit das verstärkte Interesse der Angestellten. Denn: da wo 90 % der Gewerblichen bereits Metaller*innen sind, hinken die Büroetagen mit einem Organisationsgrad von nur ca. 10 % arg hinterher. In 2er und 3er-Teams, ausgestattet mit gelber IG Metallweste ging man durch die Büros um zur Teilnahme einzuladen.

Und siehe da: "Selbst das "kollegiale Du" funktionierte bei den Angestellten bestens! Es herrschte eine durchaus neugierige Stimmung. "Viele haben richtig gerne mit uns geredet", so ein Spier-Vertrauensmann aus der Produktionshalle. "Dabei hat sich auch gezeigt, wie unterstützend es für uns ist, wenn Angestellte mit Angestellten reden. Auch wenn die entsprechenden Kolleg*innen aus unserem Team den Leuten garnicht bekannt waren, war doch da sofort ein persönlicher Draht da."

Heiß auf Eis? Ab 12 Uhr versammelten sich um die 230 Leute in Halle 4 und es kam sogar zu spontanen Eintrittsbekundungen auch von Angestellten..

▪ Gut lief es auch bei Siebenhaar! Erst vor rund einem Jahr haben aktive IG Metall-Mitglieder bei Siebenhaar durchgesetzt, dass es dort endlich einen Betriebsrat gibt. Nun fordern sie die Tarifbindung und damit faire und transparente Arbeits- und Einkommensbedingungen für die rund 130 Beschäftigten.

Die "aktive Mittagspause" war zeitlich zwar etwas kurz, aber dafür knackig. In roten IG Metallhemden marschierten die Union-Summer-Teams vorab durch den Betrieb, um einzuladen, zuzuhören und gehört zu werden. "Das Interesse war groß und die Sichtbarkeit als IG Metall hat uns als Betriebsrat sehr gestärkt. Mit solchen gemeinsamen Aktionen gelingt es nicht nur neue Mitglieder zu organisieren, sondern das stärkt auch die Solidarität untereinander!"

Wichtig: Ausreichend Zeit, eine besser abgestimmte Vorbereitung zwischen den beteiligten Schnittstellen (GS, BR, VK´s) zu Art des Auftretens, Absicht und Arbeitsteilung."

▪ Auch bei Kayser und bei Piller brachte man ca. 420 Leute vors Tor. In kleinen Teams gelang es beim Rundgang auch hier relativ einfach ins Gespräch zu kommen. Dazu einer der Teilnehmenden: "Die großen Hürden im Kopf werden in der Praxis schnell überwunden. Lass Dich auf die Leute ehrlich ein, und schon gelingt es aufeinander zuzugehen. Zudem ist es einfach ein wirklich gutes Gefühl, nicht immer nur allein oder mit zwei Hanseln dazustehen. Mehr Manpower als IG Metall bringt es voll – schafft ein ganz anderes Bild."

Dass im Aktionsteam auch Leute aus Bayern oder anderswo dabei waren, löste in den Belegschaften wenig Verwunderung aus. "Im Gegenteil: Die Leute fanden es richtig gut, dass die IG Metall mal Präsenz zeigte und sich speziell für unseren Laden interessierte." Seit 7 Jahren hatte man bei Kayser keine Betriebsversammlung mehr. Das dürfte sich bald ändern.

▪ Bei Viscom, einem Betrieb mit Betriebsrat, doch ohne Vertrauensleute, gelang es leider nur 30 der ca. 400 Mitarbeiter*innen an den Eiswagen vors Betriebstor zu locken. Dazu die beiden Aktiven: "Die Sache war zwar von der Geschäftsstelle organisatorisch halbwegs vorbereitet, aber nicht wirklich vom Betrieb aus gedacht." Aus Sicht der Beteiligten kein Grund zum Verzweifeln: "Hier heißt es nachfassen und gemeinsam den Fehler finden, nicht den Schuldigen! Die Leute mit denen wir geredet haben, reagierten interessiert und aufgeschlossen."

Andere Wege gehen - Akteure neu zusammen bringen

Das einmütige Fazit im Plenum zur Nachbereitung der einzelnen Aktionen: "Gute Zeiten für eine dialogfähige und aktive IG Metall: viele Menschen wollen endlich raus aus dem Multikrisen-Modus, der Vereinzelung und der Ohnmacht! Da geht grad was!"

  • Dabei betriebsübergreifend in "gemischten Teams" zu spielen, lohnt sich. Ebenso: in Inhalt und Form auf eine individuellere Ansprache und  Gesprächsführung zu setzen.

Interessant auch das Resumee eines VKL´s bei VW: "Bei VW und in vielen Großbetrieben sind  die Mitbestimmungs- und Tarifregelungen ja recht weitreichend. Da war es gut, sich selbst mal wieder etwas zu erden. Sprich: die oft viel schwerere betriebliche Situation anderswo mitzubekommen und die Wichtigkeit gewerkschaftlicher Solidarität emotional und direkt zu erleben."

Das Credo: "Gewerkschaftsarbeit ist Beziehungsarbeit!"

"Klingt alles in allem nach gelungenen Aktionen," schmunzelt Jonas Künkel, im FB Gewerkschaftliche Bildung zuständig für den Union Summer. "Da heißt es jetzt dranbleiben, weiteres (Selbst-)Vertrauen aufbauen, aktive Netzwerke stiften und sie verstetigen – lokal wie überregional!"

Die Bildungsarbeit der IG Metall leistet dazu gerne weitere Hilfestellung und Unterstützung.

Ein Danke allen Beteiligten für viel Einsatz und Engagement

"Stillstand hat noch nie was bewegt" Zum Union Summer 2023 deshalb hier ein Spotlight in bewegten Bildern auf unserem YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/watch?v=q16nhDyibyw


Info: Wir freuen uns übrigens bereits auf den Union Summer im nächsten Jahr, der vom 26.06. - 28.06.24 diesmal im Bildungszentrum Berlin stattfindet.