Alte Perspektive mit neuen Aussichten ...
Mehr (Wirtschafts-) Demokratie wagen!






Immer wieder wird behauptet, Gewerkschaften fehle es in der gegenwärtigen ökologisch-ökonomischen Doppelkrise an gesellschaftlichen Alternativen. Von wegen! Grade in Zeiten von Transformation und Arbeitsplatzabbau macht die IG Metall mobil, um Antworten auf die drängendsten Fragen unserer Zeit zu entwickeln und entsprechende Initiative in Betrieb und Gesellschaft voranzubringen. So diskutierten 50 Teilnehmende aus Betrieb und Gesellschaft auch am letzten Wochenende im November in einem Forum mit dem Titel "Demokratische Transformationsprozesse - Perspektive Wirtschaftsdemokratie?!"
In einer ersten Workshop-Phase kam die Wissenschaft zu Wort
Robert Koepp vom Wissenschaftszentrum Berlin hielt einen Vortrag zum Themenkomplex "Krisenentwicklungen in Umwelt und Wirtschaft sowie Einblicke in die Digitalisierung der Arbeitswelt". Darin ging es hauptsächlich um eine Situationsanalyse der ökonomisch-ökologischen Doppelkrise in einer digitalisierten Gesellschaft. Sein Fazit: Ungleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und die Klimakatastrophe gehören zusammen. Bausteine zum Erreichen von Demokratisierung, Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit könnten Arbeitszeitverkürzung, industrielle Konversion, mehr klimaschonende Dienstleistungen, Abschied vom Wirtschaftswachstum und damit vom Kapitalismus sein. Auch in der Digitalisierung liegen Chancen auf dem Weg in eine bessere Zukunft.
In der sich anschließenden AG-Phase tauschten sich die Teilnehmenden vor dem Hintergrund der so entwickelten Bestandsaufnahme über die Auswirkungen auf ihr Leben und ihre Arbeit, auf Wirtschaft und Politik, Gewerkschaft und Gesellschaft aus und stellten sich selbst die Frage: Wie können und müssen wir als Gewerkschaften darauf reagieren, wie können und müssen wir damit umgehen? Dabei wurden viele Ansatzpunkte gesammelt und neue Perspektiven eröffnet.
Nach vorne denken - aus Anträgen und Anliegen konkrete Aufträge machen
Weiter ging es am Samstag mit einem Vortrag von Hartmut Meine, ehemaliger IGM-Bezirksleiter von Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, über Möglichkeit und Notwendigkeit der Umsetzung von mehr wirtschaftlicher Mitbestimmung bzw. des gesellschaftlichen Modells der Wirtschaftsdemokratie. Sein Fazit: Die Grundlagen für eine Wirtschaftsdemokratie sind gelegt. Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes sowie diverse wirtschaftliche Unternehmensstrukturen (Montanmitbestimmung, Genossenschaften, etc.) als auch Reaktionsmuster der Bundesregierung in Krisenzeiten bieten die nötigen Anknüpfungspunkte. Mit Verweis auf vier Anträge des letzten Gewerkschaftstages im Oktober 2019 zur Einführung von Wirtschaftsdemokratie und der Notwendigkeit bestimmte Bereiche der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge und der Schlüsselindustrien zu verstaatlichen bzw. zu vergesellschaften, schloß er seinen Vortrag mit dem Aufruf "Mehr Wirtschaftsdemokratie wagen!".
Eine erweiterte Zukunftsperspektive gab Raul Zelik, Journalist und Autor, in seinem Vortrag "Grüner Sozialismus". Er stellte Fragen nach dem Grund für das Scheitern bisheriger sozialistischer Modelle und wie in einer zukünftigen Gesellschaft ohne Gewaltenteilung einer Konzentration von Macht entgegengewirkt bzw. vorgebeugt werden könne. Dies löste eine weitere spannende Debatte in verschiedenen Arbeitsgruppen aus, ob und inwiefern andere Gesellschaftssysteme möglich und nötig sind und welche gewerkschaftlichen Strategien und Instrumente dabei hilfreich sein können.
Initiatitive bündeln - gemeinsam Kraft entfalten
Am Nachmittag bei einer Sammlung zur Reflexion und Umsetzung des Gehörten gab es viele Vorschläge, an welchen Stellen weitergearbeitet werden muss: Debatten um Wirtschaftsdemokratie und wirtschaftlicher Mitbestimmung in Betrieben voranbringen, in Seminare einbinden und der Wunsch nach einem bundesweiten Gewerkschaftskongress zum Thema "Wirtschaftsdemokratie".